Nach der Beisetzung des Papstes, weitere Artikel im Zeitraum vom 9. April - 17. April 2005
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BildergalerieI - ab 3. April 2005
BildergalerieII - ab 6. April 2005
Bildergalerie III - 8. April 2005: Beisetzung Johannes Pauls II am Petersplatz
Artikel 8. April 2005: Beisetzung des Papstes am Petersplatz
Ab 18. April 2005 Konklave: Berichte über Konklave
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Bush praises pope's 'profound impact' (CNN)
Saturday, April 9, 2005 Posted: 10:07 AM EDT (1407
GMT)
WACO, Texas (AP) -- President Bush praised Pope John Paul II on Saturday for facing down totalitarianism throughout his life and showing communist rulers that "moral truth had legions of its own."
Just back from the pope's funeral Friday night, Bush paid his final respects to the late leader of the Roman Catholic Church in his weekly radio address.
He said the services that brought kings, presidents and pilgrims from across the globe to Rome was a "powerful and moving reminder of the profound impact this pope had on our world."
"Everywhere he went, the pope preached that the call of freedom is for every member of the human family because the author of life wrote it into our common human nature," the president said. "Many in the West underestimated the pope's influence. But those behind the Iron Curtain knew better, and ultimately even the Berlin Wall could not withstand the gale force of this Polish pope."
As Bush seeks to spread democracy to other nations, he often talks of freedom as a gift from God. He said John Paul was committed to this ideal from his young life in Poland, when he eluded the Gestapo to attend an underground seminary.
"Later, when he was named Poland's youngest bishop, he came face to face with the other great totalitarianism of the 20th century: communism," Bush said. "And soon he taught the communist rulers in Warsaw and Moscow that moral truth had legions of its own and a force greater than their armies and secret police."
Bush became the first sitting U.S. president to attend a papal funeral. During his flight back to the United States, he said the funeral touched him more than he expected and would be a highlight of his presidency.
"Today's ceremony, I bet you, for millions of people was a reaffirmation for many and a way to make sure doubts don't seep into your soul," he said.
Bush told reporters aboard Air Force One from Italy that he:
Von Manfred Bleskin
Da saßen sie nun beieinander auf dem Petersplatz zu Rom, nicht alle, aber die
meisten der Mächtigen dieser Welt. Papst Johannes Paul II. hat ihnen als
Pontifex maximus, als oberster Brückenbauer, gewissermaßen noch im Tode eine
Brücke errichtet, über die sie zum größten internationalen Gipfeltreffen seit
der Einweihung des neuen Shoa-Museum in Yad Vaschem vor einem knappen Monat
eilten.
George W. Bush, dessen Irakkrieg Johannes Paul II. so heftig zu verhindern
suchte. Gar nicht weit weg Irans schiitischer Bös-Achsen-Präsident Sayed
Mohammed Chatami, dessen Land seinerseits in den USA den Scheitan sieht. Ein
Chatami, dem es gar nichts ausmachte, auf dem Boden des Vatikanstaats Menschen
mit der Kippa auf dem Kopf neben sich zu spüren. Unweit davon Präsident Baschar
al-Assad, Alawit aus Damaskus, von dem aus einst der zum Paulus gewordene Saulus
die christliche Weltmission begann. Und dem es so gar nichts nützt, dass sein
Vater 1991 an der Seite des Vaters von George W. in den Krieg gegen den Irak
zog. Und dazu Ricardo Alarcón de Quesada, Außenminister eines Kuba, das der
US-Präsident am liebsten wieder zu dem machen möchte, was es vor der Revolution
war.
Sicher, Russlands Präsident Wladimir Putin, der nach eigenem Bekenntnis als
sowjetischer Geheimdienstmann auch das Geheimnis zu wahren wusste, dass er
überzeugter Christ war, hat - neben anderen - gefehlt. Aber immerhin hatte
Alexij II., Metropolit von Moskau und ganz Russland, den Chef seines Außenamtes
zu Ehren eines Toten entsandt, dem er zu dessen Lebzeiten die Einreise in sein
Reich verwehrte.
Auch Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, das römisch-katholische
Kreuzzügler vor Jahrhunderten in Schutt und Asche legten, war da. Bartholomaios
gilt der zersplitterten Ostkirche als symbolisches Oberhaupt. Und selbst
Metropolit Christodoulos von Athen, Oberhirte der griechisch-orthodoxen Kirche,
sicher nicht ganz grundlos ein Antipapist vor dem Herrn, fehlte nicht.
Alle friedlich in der Nähe vom Grab Petri , dem zweitwichtigsten Heiligtum der
Christenheit, fernab jener lächerlichen Aggressivität, mit der die Vertreter der
verschiedenen Konfessionen ihr größtes Sanktum, die Grabeskirche in Jerusalems
Altstadt, bewachen.
Dass es nach der Grablegung des Schneidersohns aus Wadowice über der Ewigen
Stadt einen Temperatursturz mit heftigen Regen gab, wie nach dem Tode des
Zimmermannssohns aus Nazareth über der heute Heiligen Stadt, ist ganz bestimmt
ein Zufall.
Das eigentliche Wunder war das friedfertige Mit- oder auch nur Nebeneinander von
Menschen, die einander häufig nicht einmal das Schwarze unter den Fingernägeln
gönnen. Das allein reichte hin, dem vieltausendfachen Ruf "Giovanni Paulo -
Santo subito" zu entsprechen. Schade, dass das Wunder der Brücke in dem Moment
in sich zusammengestürzt ist, in dem die hohen Gäste den Petersplatz verließen.
Und die rasche Heiligsprechung politischen Interessen und mäandernden
Bürokratien zum Opfer fällt. Hätte Jesus Christus heuer ein Wort mitzureden, er
würde wohl verfahren wie dereinst beim Einzug in den Tempel.
Nach Überzeugung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, des Mainzer
Kardinals Karl Lehmann, gibt es bei der bevorstehenden Papstwahl keine
eindeutigen Favoriten. Wahrscheinlich gebe es auch "keine fest gefügten
Allianzen", sagte Lehmann der Mainzer "Allgemeinen Zeitung".
"Man wird sich durch Abstimmungen, Kontakte und Aussprachen auf einen Konsens
hin bewegen müssen." Bis zum Konklave hätten die Kardinäle "freilich auch noch
Zeit, sich besser kennen zu lernen." Der zukünftige Papst werde sich an Johannes
Paul II. messen lassen müssen, sagte der Mainzer Kardinal, "aber nicht im Sinne
einer Kopie". Hautfarbe, Herkunft und manches andere, was derzeit diskutiert
werde, spiele sicher eine geringe Rolle. Der neue Papst müsse sich durch
"größtmögliche Offenheit und tiefes, entschiedenes Verwurzeltsein im Glauben"
auszeichnen.
Zur Frage eines gemeinsamen Abendmahls zwischen katholischen und evangelischen
Christen sagte Lehmann, hierzu bedürfe es "einer noch tieferen Einigkeit in
Grundfragen über das Kirche-Sein. Ich bin überzeugt, dass jeder Papst diese
Aufgabe fördern wird. Aber es hängt nicht alles von ihm ab."
Nach dem größten Papst-Begräbnis der Geschichte hat der Petersdom in Rom am
Samstag wieder seine Pforten für Besucher geöffnet. Trotz Regens strömten schon
am Morgen hunderte Pilger und Touristen in die Kirche. Das Grab von Johannes
Paul II. in den Grotten unter der Basilika kann aber erst ab kommender Woche
besichtigt werden.
Die Zugänge waren am Samstag abgesperrt. "Der Petersplatz kehrt wieder zur
Normalität zurück", berichtete das italienische Fernsehen. Die meisten der rund
drei Millionen Pilger, die die Ewige Stadt bevölkert hatten, sind wieder in ihre
Heimatländer zurückgekehrt. Die Zeltstädte werden abgebaut.
Schon am frühen Samstagmorgen waren in den Straßen zahlreiche Reinigungskräfte
im Einsatz, um leere Wasserflaschen und Essensreste zu beseitigen. Wie ein
Zeichen des Himmels begann es zu regnen. "Der Himmel weint", sagte ein Römer.
Johannes Paul II. war am Freitag zu Grabe getragen worden, etwa 200 Politiker,
gekrönte Häupter und Kirchenführer gaben dem Papst das letzte Geleit. Rund eine
Million Menschen drängten sich rund um den Vatikan zum Requiem auf dem
Petersplatz. Römische Vatikan-Korrespondenten berichteten mit Blick auf die
zahlreichen Oberhäupter anderer Kirchen, die anwesend waren: "So hätte es der
Papst gewollt."
US-Präsident George W. Bush hat die Trauerfeierlichkeiten als sehr bewegend
bezeichnet. Der Papst hinterlässt nach Bushs Worten ein Vermächtnis für Frieden,
Mitgefühl und einen klaren moralischen Ton.
Die große Mehrheit der Deutschen erwartet vom neuen Papst eine Abkehr von der
bisherigen rigiden Sexualmoral der katholischen Kirche. Das ergab eine Umfrage
des Meinungsforschungsinstituts Polis im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.
Mehr als drei Viertel (78 Prozent) sind danach für eine Abkehr vom Verbot der
Schwangerschaftsverhütung. Fast genauso viele Befragte (76 Prozent) wünschen
sich, dass der Nachfolger von Johannes Paul II. Kondome als Schutz vor Aids
zulässt.
In der Befragung trat zudem eine deutliche Mehrheit für eine Stärkung der Rolle
der Frau innerhalb der katholischen Kirche ein. 77 Prozent der 1010 Befragten
über 14 Jahren hoffen, dass der künftige Pontifex Priesterinnen zulassen wird.
Genauso hoch ist der Anteil der Katholiken, die eine Gleichberechtigung von Mann
und Frau in dieser Frage befürworten. Nur 13 Prozent aller Deutschen (und 16
Prozent der befragten Katholiken) sprachen sich dafür aus, dass Frauen in der
katholischen Kirche auch künftig der Weg zum Priesteramt verbaut bleiben soll.
Das bestehende Ehe- und Sexualverbot für Priester halten 74 Prozent der
Deutschen für nicht mehr zeitgemäß. Nur 13 Prozent plädierten in der Umfrage
dafür, dass katholische Priester auch in Zukunft nicht heiraten dürfen und
enthaltsam leben sollen. Unter den befragten Katholiken war das Ergebnis noch
deutlicher: 78 Prozent von ihnen sind für eine Lockerung des Ehe- und
Sexualverbots für Priester, nur 15 Prozent traten für einen Fortbestand des
Zölibats ein.
Das Meinungsforschungsinstitut Polis hatte vom 4. bis 6. April 1010 Menschen ab
14 Jahren telefonisch befragt.
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Der Wunsch der Trauernden nach einer schnellen Heiligsprechung des verstorbenen
Papstes Johannes Paul II. könnte entgegen den Traditionen der
römisch-katholischen Kirche in Erfüllung gehen. Italienische Zeitungen
berichteten, der Vatikan habe von Gläubigen aus aller Welt bereits Informationen
über Wunder erhalten, die der Papst an ihnen bewirkt haben soll. Wunder sind die
Voraussetzung für eine Heiligsprechung.
"Santo Subito", hatten die Scharen von Menschen anlässlich der Bestattungsfeiern
für den Papst gerufen, "sofort heilig". In der Regel dauert es Jahrzehnte,
manchmal Jahrhunderte, bis jemand zum Heiligen erklärt wird.
Der Sprecher des Vatikans, Joaquin Navarro-Valls, betonte: "Diese Entscheidung
gebührt ausschließlich dem nächsten Pontifex", sagte er.
Eigentlich darf das Verfahren zur Heiligsprechung frühestens fünf Jahre nach dem
Tod eines Menschen eingeleitet werden. Dies soll sicherstellen, dass nicht aus
einer spontanen Gemütslage eine falsche Entscheidung getroffen wird. Allerdings
kann der Papst - er ist der Einzige, der einen Menschen heilig sprechen darf -
das Verfahren in Ausnahmefällen auch vorziehen. Einen Präzedenzfall dafür schuf
Johannes Paul II. selbst, indem er 1999 nur zwei Jahre nach ihrem Tod das
Prozedere zur Seligsprechung von Mutter Teresa einleitete.
Als erste Stufe der Heiligsprechung kommt es zur Seligsprechung oder
Beatifikation. Im üblichen Verfahren holt der Antragsteller, der so genannte
Actor, beim Apostolischen Stuhl zunächst eine Unbedenklichkeitserklärung ("nihil
obstat") ein. Erhält er diese, beauftragt er einen "Postulator", der
biografische Daten und Schriften der Person und Zeugnisse von Zeitgenossen
sammelt. Dieser reicht seine Ergebnisse schließlich zur Prüfung ein.
Nach der Seligsprechung wird ein ähnliches Verfahren eingeleitet, das
schließlich zur Heiligsprechung, der Kanonisation, führen kann. Um selig und
heilig gesprochen zu werden, muss die Person entweder ein Märtyrer gewesen sein
oder Wunder vollbracht haben. Meist handelt es sich dabei um Heilungen von
Kranken, die von Medizinern überprüft werden. Diese bedeutet, dass die Gläubigen
nicht mehr für die heilig gesprochene Person beten müssen, sondern mit ihr beten
und ihre Fürsprache bei Gott erbitten können.
Johannes Paul II. hat während seines 26-jährigen Pontifikats insgesamt 1.338
Menschen selig und 482 heilig gesprochen - mehr als all seine Vorgänger
zusammen, seitdem das heute noch geltende Verfahren im Jahr 1588 eingeführt
wurde.
Souvenirs wie Poster oder Schlüsselanhänger mit dem Konterfei von Papst Johannes
Paul II. finden seit dessen Tod vergangene Woche reißenden Absatz. Doch zu einem
noch größeren Magneten für Sammler in aller Welt könnten bald neue Briefmarken
des Vatikans werden. Der unabhängige Zwergstaat im Herzen von Rom plant die
Herausgabe einer Sonderserie von Briefmarken für die papstlose Zeit bis zur
Amtseinführung des neuen Pontifex, die so genannte Sedisvakanz.
Die Marken sollen im Postamt und in den Touristenläden rund um den Petersplatz
verkauft werden und nur bis zum Amtsantritt des neuen Oberhaupts der
römisch-katholischen Kirche für den Postversand gültig sein.
Das könnte bedeuten, dass Briefe und Postkarten nur für wenige Tage mit den
Marken auf die Reise geschickt werden können: Das Konklave der Kardinäle, das
den neuen Papst wählen soll, beginnt bereits am 18. April.
Einige Erinnerungsstücke an Johannes Paul II. und dessen Tod haben bereits
deutlich an Wert gewonnen. Die im Vatikan erscheinende Tageszeitung "Osservatore
Romano" legte ihre Sonderausgabe anlässlich seines Todes am vergangenen Samstag
neu auf, um Geschäftemacher auszubremsen. Exemplare der Sonderausgabe vom 3.
April, die für je 90 Cent verkauft worden waren, wurden auf der italienischen
Seite des Internet-Auktionshauses eBay (www.ebay.it) bereits für bis zu 45,50
Euro gehandelt.
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat sich für einen Nachfolger von
Papst Johannes Paul II. aus Südamerika oder Afrika ausgesprochen. "Die meisten
Katholiken leben inzwischen in Südamerika - warum also nicht ein
südamerikanischer Papst? Oder mal ein Afrikaner! Die Zeit wäre dafür jedenfalls
reif, sagte Thierse der "Super-Illu".
Thierse war schon zu DDR-Zeiten ein bekennender Christ und ist Mitglied im
Zentralkomitee der Katholiken Deutschlands (ZKD). Der neue Papst müsse den
Dialog zwischen den Weltreligionen fortsetzen, forderte der Bundestagspräsident.
Aber er müsse auch ein "Papst des innerkirchlichen Dialogs" werden.
"Sehr wünschen würde ich mir auch, dass der neue Papst Schritte nach vorne macht
bei zwei Themen, die für die Zukunft der katholischen Kirche von entscheidender
Bedeutung sind: eine Stärkung der Rolle der Frauen und der Stellung der Laien in
der katholischen Kirche."
Die zur Papstwahl in Rom versammelten Kardinäle haben beschlossen, keine
Interviews mehr zu geben. Vor Beginn der Papstwahl (das Konklave) am 18. April
wollten sie auf jegliche öffentlichen Äußerungen verzichten, gab Vatikansprecher
Joaquín Navarro-Valls in Rom bekannt. Das "Schweigegebot" solle helfen, dass
sich die Purpurträger ganz auf die schwierige Aufgabe der Wahl eines Nachfolgers
für Johannes Paul II. konzentrieren, hieß es.
Allerdings handele es sich nicht um ein "Verbot im juristischen Sinn", fügte
Navarro-Valls hinzu. Zugleich forderte der Sprecher die Medien auf, die über 100
in Rom versammelten Kirchenmänner nicht zu bedrängen. "Die Herren Journalisten
sind freundlich aufgefordert, keine Äußerungen von den Kardinälen zu verlangen."
Während des Konklave selbst sind die Kardinäle nach uraltem kirchlichen Brauch
ohnehin streng abgeschirmt von der Außenwelt. Sie müssen dann in einer Herberge
im Vatikan übernachten, dürfen den Kirchenstaat nicht verlassen und selbst
telefonieren, Radio hören und Fernsehen sind verboten. Die Abstimmung selbst,
die im vergangenen Jahrhundert meist einige Tage dauerte, findet in der
Sixtinischen Kapelle statt.
Der UN-Bevölkerungsfonds erhofft sich vom nächsten Papst eine liberalere
Haltung zum Gebrauch von Kondomen, um die Ausbreitung der
Immunschwächekrankheit Aids einzudämmen. In der katholischen Kirche sei eine
langsame Öffnung in dieser Frage zu beobachten, sagte Fonds-Chefin Thoraya
Obaid am Montag am Rande einer Konferenz im schwedischen Stockholm.
"Wir hoffen, dass der neue Papst diese Botschaft weiterführen wird". Vor allem
aus der spanischen und brasilianischen Kirche gebe es Druck, die Haltung zur
Aids-Bekämpfung zu ändern, sagte Obaid.
Der Anfang des Monats gestorbene Papst Johannes Paul II hatte die Benutzung
von Verhütungsmitteln zur Aids-Bekämpfung abgelehnt. Stattdessen empfahl er
Enthaltsamkeit und eheliche Treue. Der UN-Bevölkerungsfonds finanziert
weltweit Programme zur Vermeidung von Geschlechtskrankheiten und zur
Gesundheitsvorsorge in der Dritten Welt.
Dienstag, 12. April 2005
Bei den Gammarellis in Rom herrscht Hochbetrieb. Denn die "Schneiderei für
Geistliche", wie sich das Geschäft unweit des Pantheons bescheiden nennt, muss
drei komplette Papst-Roben anfertigen -in den Größen Small, Medium und Large.
Der Vatikan will alles bis zum Wochenende haben. Schon am Montag beginnt die
Wahl des neuen Papstes. Wann der weiße Rauch zum Zeichen der Entscheidung über
der Sixtinischen Kapelle aufsteigt, ist ungewiss. Und unklar ist auch, welche
Statur der neue Pontifex haben wird.
Noch heute wird in Rom gerne die Geschichte von Johannes XXIII., dem "guten
Papst", erzählt: Der füllige Italiener habe in seinem viel zu engen Gewand wie
eine "Knackwurst" ausgesehen. Als er 1958 nach dem "habemus papam" ("Wir haben
einen Papst") auf die Loggia des Petersdomes trat, musste die Rückennaht
aufgetrennt werden.
"Es kommt nicht nur auf die Größe an, sondern auch auf die Breite", weiß Filippo
Gammarelli (63), der zusammen mit seinem Bruder Annibale und dem Neffen
Massimiliano den Laden in der Via Santa Chiara führt. Ein Hüne sollte der neue
Papst allerdings nicht sein. Das kleinste Gewand ist etwa für einen 1,65 Meter
großen Mann vorgesehen, die anderen für eine Körpergröße von 1,70 und 1,80
Meter.
Von außen wirkt der Laden "Gammarelli" fast unscheinbar. Im Schaufenster liegt
auf rotem Samt das weiße Käppchen von Johannes Paul II. -sonst nichts. "Zum
Zeichen unserer Trauer", sagt der Papst-Schneider. Innen scheint die Welt stehen
geblieben zu sein: In hohen dunklen Holzregalen hinter einem langen Tresen sind
Ballen mit schweren Stoffen dicht aneinander gereiht; in einer beleuchteten
Vitrine liegen schwarze Hüte mit breiter Krempe, die schon Italiens Film-Pfarrer
"Don Camillo" getragen haben könnte. Gleich am Eingang hängen die Porträts von
sechs Päpsten. Weit und breit ist keine Frau zu sehen, ein Priester beugt sich
über den Tresen und sagt einem Angestellten leise seine Wünsche.
Hier werden keine Witze gerissen, hier wird nicht schallend gelacht wie in
anderen italienischen Geschäften. Es geht diskret zu. Eine Wendeltreppe führt
hoch zur Schneiderei. "Wir haben nur wenige Tage Zeit, um alles fertig zu
bekommen. Das ist natürlich ein großer Stress", gibt Gammarelli zu.
Immerhin: Zu jeder Papstrobe gehören Hütchen, Umhang, Schärpe, Soutane, rote
Schuhe und einiges mehr. Dennoch ist Gammarelli sicher, die Aufgabe zu
bewältigen. "Freitag oder Samstag haben wir alles fertig, um die Sachen zu
übergeben." Schon seit Paul VI. gebe es kein großes Gepränge mehr. "Einige
Kleidungsstücke wurden eliminiert, zum Beispiel die Mozzetta (geknöpfter
Schulterkragen) mit Hermelinbesatz", sagt Gammarelli. Johannes Paul II. habe es
"leicht und einfach" gemocht.
Zwar sind die Gammarellis seit Generationen im Dienste des Vatikans tätig. Doch
zum Ankleiden nach der Wahl werden die Papst-Schneider wohl nicht gerufen. "Ich
hoffe, sie nehmen die richtige Schachtel und geben einem kleinen Mann nicht
Large", sagt der elegante Senior-Chef. Oder noch schlimmer: umgekehrt.
Dass der neue Papst die Dienste der Gammarellis ausschlagen könnte, hält der
Inhaber indes für weitgehend ausgeschlossen. "Was wir anbieten, ist die
Basisausstattung für den Papst." Und nicht nur für ihn: Auch Kardinäle, Bischöfe
und Priester wissen die edlen Stoffe und den eleganten Faltenwurf aus der Via
Santa Chiara zu schätzen.
Seit 1798 gibt es den Familienbetrieb, seit mehr als 160 Jahren residieren die
Gammarellis an ihrer jetzigen Adresse in der römischen Innenstadt. Und noch
etwas zeichnet die Schneider aus: Schrille Ideen aus Paris oder Mailand -damit
werden die Eminenzen nicht behelligt. "Dies ist kein Mode-Atelier", sagt Filippo
Gammarelli -und ist sichtlich stolz darauf.
Jutta Lauterbach, dpa
Das Grab von Papst Johannes Paul II. in den Grotten unter dem Petersdom in Rom
können Gläubige erst von diesem Mittwoch an besuchen. Das sagte Vatikansprecher
Joaquín Navarro-Valls am Montag nach einer Sitzung der Kardinäle.
Ursprünglich sollte die Krypta schon seit Montag für die Öffentlichkeit
zugänglich sein. Zur Begründung der Verzögerung hieß es inoffiziell, der Vatikan
wolle abwarten, bis die Pilgermassen Rom verlassen haben. Einen allzu großen
Andrang in den engen Grotten wolle man vermeiden.
Sofort nach der Trauerfeier hatten zwölf Träger den Sarg durch den Petersdom in
die vatikanischen Grotten gebracht. Nur wenige Geistliche waren dabei, als der
Sarg unweit des Petrus-Grabes in die Erde gelassen wurde. Über den Sarg wurde
auch Erde aus der polnischen Heimat gegeben. Auf einer schlichten Marmorplatte
steht: "Joannes Paulus II 1920-2005". Bei dieser letzten Zeremonie waren keine
Kameras zugelassen.
In seinem Sarg befinden sich ein Säckchen mit Bronze-und Silbermünzen aus der
Zeit seines Pontifikats und eine Rolle mit seinen Lebensdaten in lateinischer
Sprache. Zum Zeichen der Demut wolle er im Sarg beerdigt und nicht in einem
Marmorsarkophag bestattet werden -so lautete der Letzte Wille des Papstes.
In 2000 Jahren Kirchengeschichte sind manche Papstwahlen unter politischer
Einflussnahme, mit Bestechung oder Intrigen abgelaufen. Papst Johannes Paul II.
hat daher mit historischem Bewusstsein und pragmatischem Kalkül bereits 1996 die
Regeln für die Wahl seines Nachfolgers auf der Grundlage alter Bestimmungen
nachjustiert. In der Apostolischen Konstitution "Universi Dominici Gregis" sind
die Vorschriften penibel geregelt.
Der Kerngedanke: Die wahlberechtigten Kardinäle unter 80 Jahren sollen unter
strengster Geheimhaltung, abgeschottet von der Außenwelt in der Sixtinischen
Kapelle unabhängig und ohne vorherige Wahlabsprachen den neuen Pontifex wählen.
Gebete und Beichtmöglichkeiten während des Konklaves prägen den religiösen
Charakter, man hofft auf das Wirken des Heiligen Geistes.
Der Ablauf im Einzelnen: Während des Konklaves wohnen die Kardinäle nahe dem
Petersdom im Gästehaus "Domus Sanctae Marthae", das Johannes Paul II. bauen
ließ. Am Montagvormittag (10.00 Uhr) werden die wahlberechtigten Kardinäle
zunächst eine so genannte Votivmesse "Pro Eligendo Papa" im Petersdom feiern. Am
Nachmittag versammeln sich die Papstwähler und ziehen vom Apostolischen Palast
in feierlicher Prozession in Chorkleidung in die Sixtinische Kapelle, dem
Wahlort. Dabei singen sie "Veni Creator" (Komm Schöpfer), um den Beistand des
Heiligen Geistes zu erflehen.
Die Sixtinische Kapelle muss vorher auf elektronische Wanzen kontrolliert worden
sein, damit "nicht auf heimtückische Weise" audiovisuelle Hilfsmittel zur
Übertragung nach außen installiert wurden. Auch die Kardinäle selbst dürfen
keinerlei Wiedergabegeräte mitnehmen, geschweige denn benutzen.
Der Kardinaldekan, der Deutsche Joseph Ratzinger, liest eine längere Eidesformel
vor. Sie verpflichtet zur Einhaltung der Wahlvorschriften und zur Geheimhaltung.
Jeder Kardinal leistet den Eid und legt dabei die Hand auf das Evangelium.
Danach müssen alle, die nicht zum Konklave gehören, die Sixtinische Kapelle
verlassen.
Ratzinger fragt dann das Kollegium nach etwaigen Unklarheiten und lässt, sofern
die Mehrheit der Wähler keine Einwände hat, das Wahlverfahren beginnen. Der
Kardinal-Camerlengo und drei assistierende Kardinäle werden "unter Zuhilfenahme
zweier vertrauenswürdiger Techniker" darauf achten, dass die Geheimhaltung
gesichert ist. Sie vergewissern sich, dass keine Aufnahme-oder audiovisuelles
Sendegerät in die Sixtinische Kapelle eingeführt wird. Während des Konklaves
dürfen die Kardinäle keinen Kontakt zur Außenwelt haben: Briefkorrespondenz,
Telefonieren, Fernsehen, Radio und Zeitungslektüre sind verboten.
Als Hilfspersonal stehen zur Verfügung: der Sekretär des Kardinalskollegiums,
der Päpstliche Zeremonienmeister mit zwei Zeremoniären und zwei Ordensleuten der
Päpstlichen Sakristei; ein Kleriker als Assistent des Kardinaldekans. Zudem
sollen einige Ordenspriester verschiedener Sprache für die Beichte zugegen sein,
ferner zwei Ärzte für eventuelle Notfälle. Zudem muss für Tisch-und Putzpersonal
gesorgt sein. Alle müssen Geheimhaltung schwören, wer den Eid bricht, dem droht
die Exkommunikation.
Der Ablauf der Wahl
Notwendig sind zwei Drittel der Stimmen aller anwesenden Wähler. Falls deren
Zahl nicht durch drei teilbar ist, bedarf es einer Stimme mehr. Wenn also
voraussichtlich 115 Kardinäle sich versammeln, wären 77 Stimmen nötig.
Es gibt keine Kandidaten, jeder schreibt auf seinen Wahlzettel einen Namen und
schwört bei der Stimmabgabe, jenen gewählt zu haben, "von dem ich glaube, dass
er nach Gottes Willen gewählt werden sollte". Von Wahlgang zu Wahlgang schälen
sich so Favoriten heraus. Nach jedem ergebnislosen Wahlgang werden die
Stimzettel verbrannt -durch eine Beimischung von Pech steigt schwarzer Rauch
auf.
Nach einer Abfolge von vier ergebnislosen Wahlrunden mit insgesamt etwa 30
Wahlgängen können die Kardinäle mit absoluter Mehrheit bestimmen, wie sie weiter
verfahren wollen: ob dann die absolute Mehrheit reicht oder es eine Stichwahl
zwischen den beiden führenden Kardinälen geben soll.
Die vier Wahlrunden würden etwa zwei Wochen dauern. Frühestens nach dem 30.
Wahlgang, spätestens nach dem 34. Wahlgang ist der Wechsel zur absoluten
Mehrheit möglich -es gibt unterschiedliche Interpretationen, wie der Wortlaut
von "Universi Domini Gregis" zu verstehen ist. Das Dokument selbst nennt keinen
genauen Wahlgang.
Am Eröffnungstag des Konklaves ist nur ein einziger Wahlgang vorgesehen. An den
folgenden Wahltagen gibt es jeweils vier Wahlgänge, zwei am Vormittag und zwei
am Nachmittag. Nach drei Wahltagen ist eine maximal eintägige Pause vorgesehen,
"für das Gebet, für ein zwangloses Gespräch unter den Wählern und für eine kurze
Ansprache durch den ranghöchsten Kardinal aus der Ordnung der Diakone". Nach
sieben weiteren Wahlgängen folgt erneut eine Pause. Danach werden weitere sieben
Wahlgänge gemacht.
Der Kardinal-Camerlengo muss über alle Wahlgänge samt Abstimmungsergebnis einen
Bericht machen. Dieser wird dem künftigen Papst übergeben und dann im dafür
vorgesehenen Archiv in einem versiegelten Umschlag aufbewahrt, der ohne
Erlaubnis des Pontifex von niemandem geöffnet werden darf.
Ist die Wahl vollzogen, werden die Stimmzettel des erfolgreichen Wahlgangs ohne
Beimischung verbrannt. Weißer Rauch steigt über der Sixtinischen Kapelle auf als
Zeichen der Wahl. Ratzinger als Kardinaldekan fragt den Gewählten, ob er die
Wahl annimmt und -falls ja -welchen Papstnamen er wählt. Schließlich treten die
Kardinäle hinzu, um dem neuen Papst die Huldigung zu erweisen und das
Gehorsamsversprechen zu leisten. Es folgt ein Dankgebet. Dann verkündet der
erste der Kardinaldiakone dem wartenden Volk mit den Worten "Habemus papam" den
Namen des neuen Papstes, der sofort danach den Segen Urbi et Orbi (Der Stadt und
dem Weltkreis) von der Loggia des Petersdoms erteilt.
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