8. April 2005: Beisetzung des Papstes
BildergalerieI - ab 3. April 2005
BildergalerieII - ab 6. April 2005
Bildergalerie III - 8. April 2005: Beisetzung Johannes Pauls II am Petersplatz
Artikel ab 9. April 2005, nach der Beisetzung des Papstes
Ab 18. April 2005 Konklave: Berichte über Konklave
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Freitag, 8. April 2005
Unter beispiellosen Sicherheitsvorkehrungen haben am Freitag Staatschefs aus
aller Welt und Hunderttausende Pilger auf dem Petersplatz in Rom Abschied von
Papst Johannes Paul II. genommen.
Zu Beginn der wohl größten Begräbnismesse in der Geschichte der
römisch-katholischen Kirche trugen zwölf Männer den schlichten Zypressensarg des
Papstes aus dem Petersdom und legten ihn auf die Treppe vor der Basilika. Die
großen Glocken des Doms läuteten. Auf und um den Platz versammelten sich
Hunderttausende und verwandelten die Straßen in ein Meer wehender Flaggen, davon
die meisten aus Polen, dem Heimatland des verstorbenen Kirchenoberhauptes.
Der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger erinnerte in seiner Predigt unter anderem
an den Intellekt des verstorbenen Papstes und seine Liebe zum Sport, zur
Literatur und zum Theater. Auf die vielen Jahre des schweren Leidens des von
Parkinson und Arthritis gezeichneten Pontifex ging Ratzinger dagegen kaum ein.
Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs und 2.500 Würdenträger aller
Weltreligionen und Ethnien kamen nach Rom, um dem charismatischen und
konservativen Papst die letzte Ehre zu erweisen. In der Stadt verfolgten zwei
Millionen weitere Gläubige die von Ratzinger geleitete Messe auf 27 riesigen
Leinwänden. Weltweit dürften Milliarden Menschen an den Fernsehbildschirmen
gesessen haben.
Zu Beginn der Messe sang ein Chor das lateinische Gebet: "Gib ihm die ewige
Ruhe, oh Herr, und strahle Dein Licht für immer auf ihn." Auf dem Sarg des
Papstes lag ein rotes Buch katholischer Schriften, dessen Seiten im Wind
flatterten. "Heute bestatten wir seine sterblichen Überreste in der Erde als
Keim der Unsterblichkeit", sagte Ratzinger in seiner Predigt, die mehrmals von
Applaus unterbrochen wurde. "Unsere Herzen sind von Traurigkeit erfüllt, doch
zugleich voller freudiger Hoffnung und tiefer Dankbarkeit."
Ratzinger, der die Messe als Hauptzelebrant zusammen mit rund 165 weiteren
Kardinälen hielt, war ein enger Freund des Papstes. "Wir können sicher sein,
dass unser geliebter Papst heute am Fenster des Hauses unseres Vaters steht, uns
sieht und uns segnet", sagte der Kurienkardinal, der als ein Nachfolger Johannes
Pauls' gehandelt wird.
Beispiellose Sicherheitsvorkehrungen
In Rom waren Tausende Sicherheitskräfte im Einsatz. Flugabwehr-Raketen wurden in
Stellung gebracht, der Luftraum über der italienischen Hauptstadt gesperrt. Vor
der Küste patrouillierte ein Kriegsschiff. Damit es zu keinem Verkehrschaos
kommen konnte, durften keine Autos in die Stadt fahren. Öffentliche Gebäude,
Schulen und viele Geschäfte blieben geschlossen. Die Polizei hatte Mühe, den
nicht enden wollenden Pilger-Strom vom Petersplatz zurückzuhalten.
Gesicht mit Seidentuch verhüllt
Der Leichnam des Papstes war zweieinhalb Stunden vor Beginn der Messe
entsprechend der Regularien des Vatikans im Petersdom in den Zypressensarg
gelegt worden. Sein Gesicht wurde mit einem Seidentuch verhüllt, auf seiner
Brust liegt der Bischofshut. In den Sarg wurden auch ein kleiner Beutel mit
Gedenkmünzen aus der mehr als 26-jährigen Amtszeit des Papstes sowie eine kurze
Zusammenfassung seines Lebens und seines Pontifikats gelegt.
Später wurde der Sarg in die Basilika getragen und in zwei weitere Särge aus
Zink beziehungsweise Eiche gelegt. Johannes Paul hat seine letzte Ruhestätte in
der Krypta im ehemaligen Grab von Papst Johannes XXIII. gefunden.
Konklave beginnt am 18. April
In den vergangenen Tagen hatten Millionen Gläubige die Gelegenheit, Abschied von
dem am Samstagabend verstorbenen Papst zu nehmen. Der Leichnam war im Petersdom
aufgebahrt worden. Die Pilger aus aller Welt nahmen zum Teil bis zu 20-stündige
Wartezeiten in Kauf, um dem Kirchenoberhaupt die letzte Ehre zu erweisen.
Johannes Paul war am Samstag nach langem Leiden in Rom gestorben. Das Konklave
zur Wahl seines Nachfolgers tritt ab 18. April zusammen. Einen klaren Favoriten
gibt es nicht.
In seiner Predigt bei der Totenmesse für Johannes Paul II. hat Joseph Kardinal
Ratzinger auf dem Petersplatz das Leben und Wirken des verstorbenen Papstes
gewürdigt. Im folgenden Auszüge aus der Predigt nach einer dpa-Übersetzung:
""Folge mir", sagt der auferstandene Herr zu Petrus als sein letztes Wort an
diesen Jünger, der ausgewählt ist, seine Schafe zu weiden. "Folge mir" - dieses
lapidare Wort Christi kann als Schlüssel für das Verständnis der Botschaft
betrachtet werden, die vom Leben unseres beweinten und geliebten Papstes
Johannes Paul II. kommt, dessen leibliche Überreste wir heute wie Samen der
Unsterblichkeit in die Erde legen - das Herz voll Trauer, aber auch voll froher
Hoffnung und tiefer Dankbarkeit. Das sind unsere innersten Gefühle, Brüder und
Schwestern in Christus, die Ihr anwesend seid auf dem Petersplatz, den
anliegenden Straßen und verschiedenen anderen Plätzen der Stadt Rom, die in
diesen Tagen von einer ungemein großen schweigenden und betenden Menge bevölkert
ist."
""Nicht Ihr habt mich gewählt, sondern ich habe Euch erwählt und dazu bestimmt,
dass Ihr Euch aufmacht und Frucht bringt und dass Eure Frucht bleibt." Das
zweite Wort ist: "Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe." Und
schließlich: "Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich Euch geliebt.
Bleibt in meiner Liebe!" In diesen drei Worten sehen wir die ganze Seele unseres
Heiligen Vaters. Er ist wirklich überall unermüdlich hingegangen, um Frucht zu
bringen, Frucht, die bleibt. "Auf, lasst uns gehen!", ist der Titel seines
vorletzten Buches. "Auf, lasst uns gehen!" - mit diesen Worten hat er uns aus
einem müden Glauben aufgeweckt, aus dem Schlaf der Gläubigen von gestern und von
heute. "Auf, lasst uns gehen!" sagt er uns auch heute."
"Der Heilige Vater ist dann auch bis zum äußersten Priester gewesen, denn er hat
sein Leben Gott geopfert für seine Schafe und für die ganze Menschheitsfamilie;
er tat dies in einer täglichen Hingabe an den Dienst der Kirche und vor allem in
den schwierigen Prüfungen der letzten Monate. So ist er mit Christus eins
geworden, der gute Hirte, der seine Schafe liebt."
"Die Liebe Christi war die dominierende Kraft unseres geliebten Heiligen Vaters;
wer den Papst beim Beten gesehen hat, wer seine Predigten gehört hat, der weiß
das. Und so hat er dank dieser tiefen Verwurzelung in Christus eine Last
getragen, die über rein menschliche Kräfte hinausgeht."
"Und während er über das Attentat nachdenkt sagt er: "Christus hat, indem er für
uns alle litt, dem Leiden einen neuen Sinn verliehen; er hat es in eine neue
Dimension erhoben, in eine neue Ordnung eingeführt: in die Ordnung der Liebe.
(...) Es ist das Leiden, welches das Böse mit der Flamme der Liebe verbrennt und
aufzehrt und sogar aus der Sünde einen mannigfaltigen Reichtum an Gutem
hervorbringt." Beseelt durch diese Vision hat der Papst in Gemeinschaft mit
Christus gelitten und geliebt, und deshalb ist die Botschaft seines Leidens und
seines Schweigens so wortgewaltig und fruchtbar gewesen."
"Göttliche Barmherzigkeit: Der Heilige Vater fand die reinste Widerspiegelung
von Gottes Gnade in der Muttergottes. Er, der die eigene Mutter in zartem Alter
verlor, liebte umso mehr die göttliche Mutter. Er hat die Worte des gekreuzigten
Herrn verstanden, als wären sie an ihn persönlich gerichtet gewesen: "Hier ist
Deine Mutter!" Und er hat es wie der geliebte Jünger getan: Er hat sie im
Innersten seines Seins angenommen - Totus tuus (Ganz Dein). Und von der Mutter
hat er gelernt, sich Christus anzugleichen."
"Uns allen bleibt unvergesslich, wie sich der Heilige Vater, von seinem Leiden
gezeichnet, am letzten Ostersonntag seines Lebens noch einmal am Fenster des
Apostolischen Palastes zeigte und ein letztes Mal den Segen "Urbi et Orbi"
erteilte. Wir können sicher sein, jetzt steht Johannes Paul am Fenster des
Hauses des Vaters und sieht uns und segnet uns. Ja, segne uns, Heiliger Vater.
Wir vertrauen Deine liebe Seele der Muttergottes, Deiner Mutter an, die Dich
jeden Tag leitete und Dich jetzt in die ewige Herrlichkeit ihres Sohnes, Jesus
Christus, unseres Herrn geleiten wird. Amen."
Israels Staatspräsident Mosche Katzav und Syriens Präsident Baschar Assad haben
die Hände geschüttelt, als sie sich vor der Trauerzeremonie begegneten. Während
der Messe saßen der Jude und der Moslem nur wenige Schritte voneinander
entfernt.
Nach Ende der Zeremonie ging Assad erneut auf Katzav zu und schüttelte ihm ein
weiteres Mal die Hand. Eine weitere Begegnung von Erzfeinden führte den im Iran
geborenen israelischen Staatspräsidenten mit dem iranischen Präsidenten Mohammad
Khatami zusammen. Wie der israelische Rundfunk berichtete, unterhielten sich die
Präsidenten dieser zutiefst verfeindeten Länder auf Persisch. Sie sprachen über
ihre gemeinsame Geburtsstadt Jazd.
Auch der algerische Präsident Abdel Asis Bouteflika sei auf seinen israelischen
Amtskollegen Katzav zugegangen. "Beide Männer haben sich in den Armen gelegen",
berichtete ein israelischer Reporter aus Rom.
(Ulrich W. Sahm)
In der katholischen Kirche wird am Begräbnistag eine Messe zum Gedenken des
Toten gefeiert. Der lateinische Name "Requiem" (Ruhe) geht zurück auf die ersten
Worte des traditionellen Eingangslieds "Requiem aeternam dona eis Domine",
übersetzt "Ewige Ruhe gib ihm, Herr". Der Ablauf entspricht im Wesentlichen dem
einer normalen Eucharistiefeier, wie die katholische Messe mit Abendmahl genannt
wird. Allerdings wird auf das feierliche "Gloria" (Ehre sei Gott) verzichtet.
Die Liturgie der "missa pro defunctis" (Totenmesse) wurde im 16. Jahrhundert auf
dem Konzil von Trient festgeschrieben.
"Requiem" steht außerdem für die musikalischen Kompositionen, die ursprünglich
für diese Messe geschrieben wurden. Die bekanntesten stammen von Wolfgang
Amadeus Mozart, Johannes Brahms und Giuseppe Verdi. Heute werden sie auch häufig
in Konzertform aufgeführt.
Die ersten Christen haben die Totenmesse am offenen Grab gefeiert. Heute wird
die Messe meistens gefeiert, bevor der Sarg zum Grabe getragen wird.
Ursprünglich wurden die Christen mit dem Kopf nach Osten begraben, weil die
aufgehende Sonne in der christlichen Tradition die Wiederkehr Christi
symbolisiert.
Papst Johannes Paul II. nimmt den Namen eines von ihm ernannten Kardinals mit
ins Grab. Der Kirchenführer habe in seinem Testament nicht enthüllt, wer der
Purpurträger ist, den er im Jahr 2003 "im Geheimen" ernannt hatte, sagte
Vatikansprecher Joaquín Navarro-Valls in Rom.
Der Papst hatte bei den Kardinalsernennungen vor zwei Jahren von der besonderen
Möglichkeit Gebrauch gemacht, "in pectore" (im Herzen) einen Kardinal zu
ernennen. Dabei dürfte es sich um einen Bischof aus einem Land handeln, in dem
die katholische Kirche verfolgt wird. Immer wieder war von China die Rede.
Italienische Zeitungen hatten aber auch berichtet, es könnte sich um den
päpstlichen Privatsekretär handeln, den polnischen Bischof Stanislaw Dziwisz. Er
war einer der treuesten Begleiter des Papstes und stand auch am Sterbebett.
Bereits in vergangenen Jahren hatte der Papst von der Möglichkeit der
Ernennungen "in pectore" Gebrauch gemacht, die Namen der Kardinäle aber später
bekannt gegeben. Dabei hatte es sich um Bischöfe aus der Ukraine, Lettland und
China gehandelt.
Die Beisetzung von Papst Johannes Paul II. am Freitag ist eine der größten
Trauerfeiern der Geschichte. Es folgen einige Fakten:
- Vier Könige, fünf Königinnen und zumindest 70 Präsidenten und
Ministerpräsidenten sind unter den etwa 2500 prominenten Gästen
- mindestens zwei Millionen Gläubige sind nach Rom gekommen, darunter
hunderttausende, die sich auf dem Petersplatz versammelt haben
- 27 Großleinwände sind in Straßen und auf Plätzen um den Vatikan sowie an
anderen Versammlungsorten wie dem Colosseum aufgestellt worden
- Mehr als 15.000 Sicherheitskräfte sind in Rom unterwegs
- Flaschen mit insgesamt 500.000 Liter Trinkwasser werden jeden Tag an die
Gläubigen verteilt
- Es wurden 3500 mobile Toiletten aufgestellt
- Etwa 3500 akkreditierte Journalisten berichten über die Beisetzung
In ganz Polen haben Hunderttausende trauernder Katholiken am Freitag von Papst
Johannes Paul II. Abschied genommen. Kirchenglocken läuteten im ganzen Land,
Sirenen heulten, als der Sarg mit dem Toten in die Krypta des Petersdoms
getragen wurde. In Warschau wurden 26 Artillerieschüsse abgefeuert - einer für
jedes Jahr des Pontifikates des polnischen Papstes. Am Abend beteten
Zehntausende in Gedenkgottesdiensten für den Papst. Um 21.37 Uhr - die
Sterbestunde des Papstes - gingen in vielen polnischen Städten für fünf Minuten
die Lichter aus.
Das öffentliche Leben stand schon tagsüber still, die meisten Städte waren wie
ausgestorben. Hunderttausende versammelten sich auf Plätzen, um auf
Großleinwänden die Übertragung der Beisetzungsfeierlichkeiten im Vatikan zu
beobachten. In Danzig (Gdansk) harrten mehrere zehntausend Menschen im
strömenden Regen vor dem Denkmal der Werftarbeiter aus, meldete die polnische
Nachrichtenagentur PAP. "Es ist, als ob selbst der Himmel weint", sagte eine
Trauernde.
Schulen und Hochschulen, die meisten Geschäfte, die öffentliche Verwaltung und
die Mehrzahl der Unternehmen hatten am Freitag geschlossen. Gearbeitet wurde nur
dort, wo es absolut notwendig war. Doch auch dort, wo die Menschen zur Arbeit
mussten, liefen Fernseher mit der Übertragung der Beisetzung.
Jugendliche hatten über SMS und Internet gebeten, um 21.37 Uhr für fünf Minuten
das Licht auszumachen und so der Todesstunde des polnischen Papstes zu gedenken.
Am Abend wurde auf den Krakauer Blonie-Wiesen ein Requiem gespielt. Dabei wurden
auch Auszüge aus Gedichten von Papst Johannes Paul II. gelesen.
Zuvor hatten sich Fußballfans dreier Krakauer Vereine zu einem
Versöhnungstreffen getroffen, um für den Papst zu beten und ihre bisher
verfeindeten Gruppen auszusöhnen.
Eine Gruppe französischer Juden und Katholiken wollte von Sonntag an gemeinsam
das südpolnische Wadowice besuchen, in dem Johannes Paul geboren wurde. Die
Gruppe, die ursprünglich im ehemaligen deutschen Konzentrationslager Auschwitz
der Opfer des Holocaust gedenken wollte, hatte spontan beschlossen, die Heimat
des Papstes zu besuchen, der die Juden um Vergebung für den kirchlichen
Antisemitismus gebeten hatte.
Die Welt hat den Papst zu Grabe getragen: In einer aufwühlenden Zeremonie haben
Politiker, gekrönte Häupter und Kirchenführer Johannes Paul II. am Freitag das
Letzte Geleit gegeben. Immer wieder spendeten eine Million Gläubige rund um den
Vatikan Beifall, schwenkten Fahnen und riefen "Santo, Santo" (heilig, heilig).
Zu einem Ausbruch der Gefühle kam es, als der einfache Holzsarg zum letzten Mal
der Menschenmenge zugewandt wurde. "Jetzt steht Johannes Paul am Fenster des
Hauses des Vaters und sieht und segnet uns", sagte der deutsche Kardinal Josef
Ratzinger in einer emotionalen Predigt.
Über alle nationalen und politischen Grenzen hinweg versammelten sich 200
Staats- und Regierungschefs zu der prunkvollen Zeremonie, darunter US-Präsident
George W. Bush, UN-Generalsekretär Kofi Annan, Bundespräsident Horst Köhler und
Kanzler Gerhard Schröder. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der
bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und die CDU-Vorsitzende Angela
Merkel waren in Rom.
An dem dreistündigen Requiem nahmen zudem Prinz Charles, der britische Premier
Tony Blair und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac teil. Auffallend war
die Präsenz zahlreicher Staatsoberhäupter aus der islamischen Welt, etwa
Mohammed Chatami (Iran), Bashar Assad (Syrien) und König Abdullah II.
(Jordanien). Aus Israel waren Außenminister Silvan Schalom und religiöse
Würdenträger gekommen.
Viele der 300.000 Menschen direkt auf dem Petersplatz knieten nieder und
weinten. Auch dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton und dem spanischen König
Juan Carlos traten Tränen in die Augen. Zahlreiche Menschen aus der polnischen
Heimat des Papstes waren tief bewegt. Milliarden in der ganzen Welt sahen die
Totenmesse im Fernsehen. Der Sarg stand während der Feier auf dem Petersplatz,
darauf lag ein Evangelium, dessen Seiten der Wind bewegte.
Nach Schätzungen verfolgten allein in Rom etwa drei Millionen Pilger das
Requiem, die meisten vor Video-Leinwänden auf den Plätzen der Ewigen Stadt. Auch
in vielen anderen italienischen Städten herrschte große Anteilnahme, weltweit
kamen Millionen Gläubige zu Gedenkfeiern zusammen, besonders in Polen sowie in
Mexiko-Stadt und Manila. Auch in deutschen Städten versammelten sich tausende
Gläubige; vielerorts wehten Flaggen auf Halbmast.
Es war das größte Papstbegräbnis in der 2000-jährigen Kirchengeschichte. Während
der rund 20-minütigen Predigt Ratzingers brandete über ein Dutzend mal Beifall
auf - etwa als er daran erinnerte, wie sich der leidende Papst noch
Ostersonntag, wenige Tage vor seinem Tod, den Gläubigen zeigte und unter letzter
Aufbietung aller Kräfte den Segen spenden wollte. Auch die besondere Zuneigung
des Pontifex zur Jugend hob der Kardinal hervor.
Immer wieder unterbrachen die Menschen die Predigt mit Rufen wie "Santo subito"
(heilig sofort), womit sie ihren Wunsch nach einer baldigen Heiligsprechung
"ihres Papstes" bekräftigten. Sofort nach der Trauerfeier schulterten zwölf
Träger den Sarg, der in einer Prozession durch den Petersdom in die
vatikanischen Grotten gebracht wurde. Nur wenige Geistliche waren dabei, als der
Sarg um 14.20 Uhr unweit des Petrus-Grabes in die Erde gelassen wurde. Über den
Sarg wurde auch Erde aus der polnischen Heimat gegeben. Auf einer schlichten
Marmorplatte steht: "Joannes Paulus II 1920-2005". Bei dieser letzten Zeremonie
waren keine Kameras zugelassen.
Gesicht mit Seidentuch verhüllt
Johannes Paul wurde mit einem Schleier aus weißer Seide über dem Gesicht
beerdigt. In seinem Sarg befinden sich ein Säckchen mit Bronze- und Silbermünzen
aus der Zeit seines Pontifikats und eine Rolle mit seinen Lebensdaten in
lateinischer Sprache. Zum Zeichen der Demut wolle er im Sarg beerdigt und nicht
in einem Marmorsarkophag bestattet werden - so lautete der Letzte Wille des
Papstes.
Auch die Patriarchen der östlichen Kirchen beteten auf dem Petersplatz für den
Papst. Sie stellten sich im Halbrund um den Sarg und stimmten orientalische
Kirchengesänge an.
Beispiellose Sicherheitsvorkehrungen
Auf dem Petersdom waren Scharfschützen postiert, 15.000 Sicherheitskräfte waren
im Einsatz. Der Luftraum war gesperrt, Flugabwehrraketen waren in Stellung
gebracht. Auch auf dem Petersplatz herrschte "Sicherheitsstufe eins": Selbst
Bischöfe mussten Durchsuchungen wie auf dem Flughafen über sich ergehen lassen.
Fast die gesamte römische Innenstadt war für den Verkehr gesperrt, Schulen,
Ämter und Museen blieben geschlossen.
Am Nachmittag kam es zu einem Zwischenfall im römischen Luftraum: Italienische
Kampfjets fingen ein verdächtiges Kleinflugzeug ab und eskortierten es zu einem
Flughafen. Später stellte sich heraus, dass es sich um einen Jet der
mazedonischen Delegation handelte.
Konklave beginnt am 18. April
Das Grab von Johannes Paul kann erst in einigen Tagen besucht werden: Entgegen
einer ersten Vatikan-Ankündigung soll es noch nicht am kommenden Montag
zugänglich gemacht werden. Der Zivilschutz intervenierte, weil er einen ähnlich
starken Besucheransturm wie zur Aufbahrung befürchtete. Das Konklave zur Wahl
des neuen Papstes beginnt am 18. April.
Schon Goethe hatte sich über den italienischen Schlendrian mokiert: Hotels seien
schmuddelig, Straßen häufig unsauber, "die Menschen leben ein nachlässiges
Schlaraffenleben". Das war vor mehr als 200 Jahren. Noch heute pflegen viele
Deutsche gerne das Bild und Klischee der "chaotischen Italiener". Aber wie haben
ausgerechnet sie es jetzt hinbekommen, mit einem der größten Menschenaufläufe in
der Geschichte fertig zu werden? Und vor allem, ohne großes Gejammer.
"Wie die Italiener das Ereignis gemeistert haben, ist schlichtweg unglaublich",
sagt Rainer Löb, Malteser-Helfer, der bei der Papst-Beisetzung auf dem
Petersplatz Dienst tut. Mehr als drei Millionen Pilger, vielleicht vier
Millionen, kamen in die Ewige Stadt, auch für Berlin, London oder New York wäre
das ein Albtraum gewesen. Doch statt Chaos und Kollaps gab es in Rom einen
reibungslosen Ablauf: Kein nennenswerter Zwischenfall wurde gemeldet.
"Als ich die Massen heute morgen kommen sah, dachte ich, wir würden überrannt",
erzählt der Arzt. Ein Wunder sei es gewesen, dass alles ruhig verlief - und eben
"professionelle Kunst" des italienischen Zivilschutzes. Und fast bedächtig fügt
der Mediziner hinzu: "So wie wir das in Deutschland auch gerne hätten." Italien,
das vermeintlich chaotische Land, in dem es zum Erstaunen vieler Deutscher keine
Mülltrennung gibt, habe "Großartiges geleistet".
Auch der deutsche Bauingenieur Alexander Barth (32) aus Landsberg am Lech muss
die alten Stereotypen der ewig unorganisierten Südländer begraben. "Ich bin
total überrascht von den römischen Behörden, so effektiv, freundlich, so
zuvorkommend." Freundlichkeit ist vielleicht das Stichwort, es schien, als
hätten selbst die mitunter strengen Carabinieri einen Schnellkurs für das
historische Ereignis gemacht: Immer lächeln, immer nett, kein böses Wort. Da
schliefen junge Polen im Circus Maximus, in Parks und auf der Piazza - und
morgens stellte die Stadt Wasser zum Waschen zur Verfügung.
Sage und schreibe 12, 15 und noch mehr Stunden mussten Pilger in den
Menschenschlangen warten, um den toten Papst zu sehen. In den engen Reihen hätte
leicht Panik ausbrechen können. "Doch die Behörden haben die Menschen gut
geführt", sagt Löb. "Natürlich, es waren Pilger und nicht Fußballfans, das war
hilfreich." Alkohol sei nicht im Spiel gewesen.
Gern pflegen Nordländer ihre Vorstellungen über Italiener: Undiszipliniert seien
sie, sympathisch zwar, doch irgendwie nicht ernst zu nehmen. Doch selbst den
Besuch von US-Präsident George W. Bush meisterte Italien selbstbewusst - seine
Wagenkolonne wurde am Donnerstagabend ohne viel Aufhebens durch den römischen
Verkehr geschleust. "Die Deutschen müssen umlernen", meinte eine Deutsche in Rom
zu den lieb gewordenen Vorurteilen. Italien gelang es sogar in den letzten
Jahren, wovon die Deutschen nur träumen: die Arbeitslosigkeit abzubauen. "Dieses
Italien", meinte Goethe auf seiner Reise durch den Süden, "ist gegen alle Länder
unendlich zurück." Aber, wie gesagt: Das war vor 200 Jahren.
(Peer Meinert, dpa)
Freitag, 10 Uhr, auf dem Petersplatz in Rom: In roten Messgewändern schreiten
die Kardinäle, angeführt von Joseph Ratzinger, und östliche Patriarchen zur
Zeremonie. So ist es geplant. 300.000 Menschen werden sich im weiten Rund
zwischen den Säulengängen drängen. 200 Staatsgäste, darunter Könige und
Königinnen, US-Präsident George W. Bush, UN-Generalsekretär Kofi Annan,
Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder, sitzen auf
Ehrenplätzen in nächster Nähe. Vor dem Altar steht der geschlossene Sarg mit
Johannes Paul II. - darauf ein Evangelium, dessen Seiten der Wind bewegt. Sogar
die Sonne verdunkelt sich an diesem Freitag zum größten Papstbegräbnis der
Geschichte, wenn auch nicht in Rom, sondern über dem Pazifik vor den Küsten
Neuseelands.
Einen "Pilgerstrom von biblischen Dimensionen" erwarten die Behörden, rund vier
Millionen Pilger wollen zu den Feierlichkeiten nach Rom kommen. Die meisten
werden abseits des Petersplatzes ihren Blick auf Riesenleinwände richten müssen
- etwa im Olympiastadion oder am Kolosseum. "Es macht nichts, dass wir nicht
direkt am Petersplatz sein können", sagt eine Frau aus einer polnischen
Pilgergruppe: "Überall in Rom ist es in diesen Tagen so, als würde man den Hauch
der Geschichte atmen."
4.000 Journalisten aus aller Welt haben sich angemeldet, darunter ehemalige
Kriegsberichterstatter von CNN und El-Dschasira. Die Amerikaner haben schon vor
Jahren ein Penthaus mit Panoramaterrasse angemietet - mit Traumblick auf den
Petersdom. "Das ist eine Ansammlung von Medien und Staatsrepräsentanten am
gleichen Ort, die mit keinem Ereignis der jüngeren Geschichte vergleichbar ist",
sagt ein Vatikanmitarbeiter.
Für die Sicherheitskräfte gilt "Alarmstufe eins". 15.000 Polizisten und Soldaten
sind im Einsatz, der Luftraum ist gesperrt, in der römischen Innenstadt gilt ein
völliges Fahrverbot. Auf den Dächern beziehen Scharfschützen Position, in die
Fluten des Tiber steigen Polizeitaucher ab, am Himmel kreisen Militärjets.
"Einzigartige Sicherheitsmaßnahmen", sagt Innenminister Giuseppe Pisanu. "Aber
ich hoffe, dass uns der Papst vom Himmel aus hilft."
Drei Stunden soll die Totenmesse auf dem Petersplatz dauern, sechs Sprachen
sollen gesprochen werden -und Latein. Roberto Colavalle (36) vom Chor der
Sixtinischen Kapelle, ein Spezialist für Gregorianischen Gesang, singt das
Requiem. Es sei wunderschön, sagt er. Dann wird der Sarg in Begleitung von
wenigen hohen Kurienvertretern in den Petersdom und in die Grotten gebracht.
Das Begräbnis, das nicht vom Fernsehen übertragen wird, dauert noch einmal etwa
eine halbe Stunde. Zum Zeichen der Demut wolle er in die bloße Erde, nicht in
einen Marmorsarkophag gelegt werden, so lautete der Wunsch des Papstes. Und so
soll es sein: Bevor der Sarg endgültig geschlossen und versiegelt wird, wird dem
Toten ein Schleier aus weißer Seide über das Gesicht gelegt. Auch ein Säckchen
mit Silber- und Bronzemünzen, eine Rolle mit seinen Lebensdaten in lateinischer
Sprache werden beigegeben. Dann beten die Kardinäle ein letztes "Vater unser"
-und der Sarg wird 1,70 Meter tief in die Erde gelassen. Auf einer schlichten
Marmorplatte wird künftig stehen: "Joannes Paulus II 1920 -2005".
Vatikandiplomaten hoffen, dass die feierliche Stimmung nicht durch irdische
Zwistigkeiten getrübt wird. Denn in den Ehrenreihen sitzen politische
Kontrahenten wie Bush und der iranische Präsident Mohammed Chatami nahe
beieinander. Immerhin: Um einen von Bush angemessen weit entfernten Sitzplatz
für den kubanischen Revolutionär Fidel Castro müssen sich die römischen
Verantwortlichen nicht mehr kümmern. Castro verabschiedete sich schriftlich:
"Möge er in Frieden ruhen, der unermüdliche Krieger für die Freundschaft unter
den Menschen, der Feind des Krieges und Freund der Armen."
von Jutta Lauterbach, dpa
Der PDS-Politiker Gregor Gysi griff die CDU scharf für ihren Vorschlag an, die
Karl-Marx-Allee in Berlin-Mitte nach dem Pontifex zu benennen.
"Wenn die CDU in Mitte die Karl-Marx-Allee nach Papst Johannes Paul II. benennen
will, so will sie nicht den verstorbenen Papst ehren, sondern ein kleines mieses
ideologisches Süppchen kochen. Wer jemand ehren will, soll nicht einen anderen
verdrängen", sagte Gysi dem "Berliner Kurier".
Zuvor hatte Gysi selbst in der Zeitung angeregt, nach dem Papst eine Straße zu
benennen. Zur Begründung sagte er, der Papst sei "eine moralisch-integre
Persönlichkeit" gewesen. "Er hat Ungerechtigkeiten scharf kritisiert, egal, ob
sie staatssozialistisch oder kapitalistischer Prägung waren."
Es solle aber nicht der Eindruck entstehen, er sei für die Umbenennung der
Karl-Marx-Allee in "Papst-Allee". Er habe an eine andere Straße gedacht. Der
CDU-Kreisvorsitzende Stephan Tromp wies die Kritik Gysis zurück. Sein Vorschlag,
die Karl-Marx-Allee umzubenennen, sei eine Option, sagte Tromp. "Sie bietet sich
jedoch an, weil es früher die Paradestraße war, auf der sich die SED selbst
inszeniert hat", sagte Tromp. Er habe die Straßenbenennung angeregt, weil auch
Berlin dem Papst viel zu verdanken habe. Der Papst habe wesentlich zum
Zusammenbruch des Kommunismus beigetragen, an dessen Ende der Fall der Berliner
Mauer stand.
Auch im Westteil der Hauptstadt gibt es eine nach Karl Marx benannte Straße, die
Karl-Marx-Straße in Neukölln.
16. Oktober 1978: Wahl Karol Wojtylas zum ersten nicht-italienischen
Papst seit 1522
25. Januar 1979: Erste von 104 Auslandsreisen: Dominikanische Republik,
Mexiko und Bahamas
4. März 1979: Veröffentlichung der ersten von 14 Enzykliken ( "Redemptor
hominis")
15. November 1980: Erster Deutschlandbesuch, 1987 zweite und 1996 dritte
Deutschlandreise
13. Mai 1981: Der türkische Rechtsextremist Ali Agca verletzt in Rom den
Papst mit mehreren Schüssen schwer
15. September 1982: Vatikan empfängt PLO-Führer Jassir Arafat
13. April 1986: Als erster Papst besucht Johannes Paul ein jüdisches
Gotteshaus - die Synagoge in Rom
27. Oktober 1986: Der Papst lädt zum gemeinsamen Friedensgebet der
Weltreligionen nach Assisi ein
1. Dezember 1989: Als einziger KPdSU-Generalsekretär wird Michail
Gorbatschow vom Papst empfangen
15. Juli 1992: Schwere Darmoperation, Gerüchte über Krebs
17. Mai 1993: Erstmals seit 1566 ein neuer "Weltkatechismus"
30. Dezember 1993: Unterzeichnung des Grundlagenvertrages Israel/Vatikan
in Jerusalem zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen
29. April 1994: Nach einem Sturz im Badezimmer erhält der Papst ein
künstliches Hüftgelenk
30. Mai 1994: "Endgültige" Ablehnung des Frauenpriestertums in einem
Apostolischen Schreiben
9. Dezember 1994: Das US-Magazin "Time" kürt den Papst zum "Mann des
Jahres"
15. Januar 1995: In Manila vier Millionen Menschen bei Papstmesse -
größter Gottesdienst der Geschichte
25. Dezember 1995: Schwächeanfall beim Weihnachtssegen Urbi et Orbi
21. Januar 1998: Triumphale Reise nach Kuba
16. März 1998: In dem Dokument "Nachdenken über die Shoa" erkennt der
Vatikan Mitschuld der Christen, nicht jedoch der Kirche am Holocaust an
25. Dezember 1999: Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom, Beginn des
großen Jubiläumsjahres 2000
12. März 2000: "Mea Culpa" für die Verfehlungen der Kirche wie
Glaubenskriege, Judenverfolgungen und Inquisition
20. März 2000: Pilgerreise nach Israel, Jordanien und die
Palästinensergebiete. An der Klagemauer in Jerusalem bittet der Papst um
Vergebung für Judenverfolgungen von Christen, hält Messen in Bethlehem und
Nazareth
6. Mai 2001: Als erster Papst der Geschichte besucht Johannes Paul II.
ein islamisches Gotteshaus - die Omajjaden-Moschee in Damaskus
16. Oktober 2003: Schwerkranker Papst feiert 25-jähriges Amtsjubiläum
14. August 2004: Letzte Auslandsreise in den französischen
Marien-Wallfahrtsort Lourdes
1. Februar 2005: Der Papst kommt mit Grippe und Atemnot in Gemelli-Klinik
in Rom. Nach 10 Tagen kehrt er in den Vatikan zurück.
24. Februar 2005: Der Papst muss erneut ins Krankenhaus, erhält wegen
Atemnot einen Luftröhrenschnitt und verlässt am 13. März das Krankenhaus.
27. März 2005: Trotz größter Anstrengungen gelingt es dem Papst am
Ostersonntag nicht, den traditionellen Segen Urbi et Orbi zu sprechen.
2. April 2005: Papst Johannes Paul II. stirbt um 21.37 Uhr im Vatikan.
7. April 2005: Das Testament Johannes Pauls II. wird veröffentlicht.
Darin ordnet der Pontifex an, dass seine gesamten persönlichen Notizen verbrannt
werden. Er hinterlässt keinerlei Eigentum.
8. April 2005: Zur Trauerfeier für Johannes Paul II. versammeln sich 300
000 Menschen auf dem Petersplatz in Rom, darunter 200 Staatsgäste. Der deutsche
Kardinal Joseph Ratzinger leitet die knapp dreistündige Messe. Anschließend wird
der Sarg in der Krypta des Petersdoms beigesetzt.
"Im Namen der Heiligsten Dreieinigkeit. Amen. Seid wachsam, denn Ihr wisst
nicht, wann der Herr Euch ruft - diese Worte erinnern mich an die letzte
Herausforderung, die dann kommt, wenn der Herr es will. Ich will mich ihm
unterordnen und wünsche mir, dass alles in meinem irdischen Leben mich auf
diesen Augenblick vorbereitet hat. Ich weiß nicht, wann er kommt, doch wie alles
gebe ich auch diesen Augenblick in die Hände der Mutter meines Meisters: totus
tuus. In diese mütterlichen Hände gebe ich alle und alles, mit denen mich mein
Leben und meine Berufung verbanden. In diese Hände gebe ich die ganze Kirche und
auch mein Volk und die ganze Menschheit. Ich danke allen und bitte alle um
Vergebung. (...)
Ich hinterlasse keinerlei Eigentum, über das verfügt werden müsste (...).
Verbrennt die persönlichen Notizen. (...) Was das Begräbnis betrifft, wiederhole
ich die gleichen Dispositionen, die der Heilige Vater Paul VI. ausgab: ein Grab
in der Erde, kein Sarkophag. Über den Ort mögen das Kardinalskollegium und die
Landsleute entscheiden. Nach meinem Tod bitte ich um Heilige Messen und Gebete.
(...) Es war das Urteil der Vorsehung, in diesem schwierigen Jahrhundert zu
leben, (...) und jetzt, wo mein Lebensalter auf die 80 zugeht, muss man fragen,
ob es nicht Zeit ist, den biblischen Simeon zu wiederholen: nunc dimittis. Am
13. Mai 1981, dem Tag des Attentats auf den Papst (...) hat die göttliche
Vorsehung mich auf wundersame Weise vor dem Tod gerettet. Der einzige Herr über
Leben und Tod selbst hat mein Leben verlängert, hat es mir von Neuem geschenkt.
Ich hoffe, dass Er mir helfen wird, zu erkennen, bis wann ich meinen Dienst
fortsetzen muss, zu dem Er mich am 16. Oktober 1978 berufen hat. Ich bitte Ihn,
mich dann abzuberufen, wenn Er es will.
(...) Seit dem Jahr 1989 unterliegt die Situation (der Welt) einem Wandel. Das
letzte Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts war frei von den früheren
Spannungen, was nicht bedeutet, dass es nicht neue Probleme und Schwierigkeiten
mit sich brachte. Gelobt sei die göttliche Vorsehung dafür, dass die Zeit des so
genannten "Kalten Krieges" ohne gewalttätigen nuklearen Konflikt zu Ende
gegangen ist.
(...) Wie viele Personen sollen hier erwähnt werden? (...) Wie nicht in
dankbarer Erinnerung alle Bischöfe auf der Welt nennen, die ich im Rhythmus
meiner Besuche traf? Wie nicht an die nicht-katholischen christlichen Brüder
erinnern? Und den Rabbiner von Rom? Und so viele andere Vertreter der
nicht-christlichen Religionen? Und wie viele Vertreter der Welt der Kultur, der
Wissenschaft, der Politik, der Massenmedien?
In dem Maß, wie sich der Schlussstrich meines irdischen Lebens nähert, kehre ich
in der Erinnerung an den Anfang zurück, zu meinen Eltern, meinem Bruder und der
Schwester (die ich nicht kannte, weil sie vor meiner Geburt starb), an die
Pfarrei in Wadowice, wo ich getauft wurde, an die Gleichaltrigen, die
Freundinnen und Freunde aus der Grundschule, aus dem Gymnasium, der Universität
in der Zeit der Besatzung. (...) Allen möchte ich sagen: Vergelt's Gott. In
Deine Hände, Vater, befehle ich meinen Geist."
(dpa-Übersetzung)